Derniere in Hannover
Es ist vollbracht! 86 Vorstellungen in Hannover sind heute abgespielt. Das wurde gestern noch einmal ausgiebig gefeiert. Morgen geht es für mich dann nach Dresden - zu den Endproben für die Neuinszenierung von Landeier. Ich freue mich auf die neue Stadt und das Dresdner Publikum. Allen Hannoveraner Kollegen, Theaterleuten und Gästen sei gedankt für die schöne Zeit! Bis nächstes Jahr.
Morgenpost - 20.07.2013
Ein schöner Artikel zur anstehenden Landeier Produktion in Dresden.
Das Fotoshooting im Stall hat Spaß gemacht, ich glaube die Schweine dachten ich wäre einer von ihnen. Jedenfalls waren sie äußerst zutraulich. In einer Woche beginnen in Dresden die Endproben. Ich freue mich auf die Zeit - endlich einmal wieder an der Elbe, wenn auch viel weiter östlich als gewohnt.
"Glaube, Liebe, Hoffnung"
Klar, Schauspielerei ist der schönste Beruf der Welt. Zumindest für mich.
Was gibt es auch Schöneres, als genau das beruflich zu machen, was man liebt.
Wenn man dann noch dafür beklatscht, bewundert und bezahlt wird, dass man sich als „Mann
im besten Alter“ im Grunde wie ein Kind beim „Räuber und Gendarm“ spielen
benimmt, was kann es besseres geben.
Aber natürlich hat auch diese schimmernde Medaille zwei Seiten.
Zum Schauspielerdasein gehört mehr, als nur die Zeit auf der Bühne und vor der
Kamera.
Es gehört mehr dazu, als nur Spaß mit den Kollegen und Standing Ovations.
Und ich meine hier nicht die Gefahr eines Misserfolges, oder das manchmal
wirklich nervende Textlernen. Nein, die andere, dunkle Seite der Medaille ist
die Zeit zwischen den Engagements. Jeder kennt dieses drohende Nichts, das sich
so oft als schwarze Wand hinter dem aktuellen Engagement auftürmt. Oder wenn
man im Spätherbst mit einem Angstschweißschub bemerkt das man für das komplette
kommende Jahr noch frei ist. Wenn man zwangsläufig: „ Ich gehe pleite!“ denkt
und sich ständig fragt, wo der Fehler liegt. „Warum ruft keiner an?“ – „Bin ich schlecht?“ – „Ich brauche einen Nebenjob.“
Sicher, wenn man wie ich gerade 86 Vorstellungen am Stück gespielt hat, hält
man einen Monat ohne Arbeit auch ganz gut aus, aber sobald zwei oder drei
Monate ins Land gehen, und vor allem wenn einfach kein nächster Vertrag
unterzeichnet ist, da bekommt es doch beinahe jeder von uns mit der Angst zu
tun.
Existenzangst und Selbstzweifel, gerade in den ersten Jahren,
sind auch ein Teil des Berufes.
Einer, auf den man an der Schauspielschule nicht vorbereitet wird. Wenn ich
ehrlich bin, in den Selbstzweifeln wird man an so mancher Schauspielschule wohl
eher bestärkt. Aber das ist ein Thema für einen anderen Artikel. Hier geht es
um die Zeit ohne Job und ohne Folgeengagement. Um den Zweifel und die Angst.
Was also tun dagegen? Wie geht es
mir damit?
Nun ich bin nun seit 10 Jahren freiberuflich und im professionellen Rahmen
unterwegs.
Und diese 10 Jahre haben zu einigen Veränderungen in meinem Umgang mit der
Ungewissheit und Existenzangst geführt. Nach der Schauspielschule, den ersten
teilweise recht euphorisch gelebten Engagements und dem Glück einiger
Folgeverträge in den ersten zwei Jahren kam, dann irgendwann tatsächlich zum
ersten Mal ein großes schwarzes Nichts. Und da es mein erster Kontakt mit
dieser Bestie war, habe ich erst gemerkt, dass Sie da ist, als ich mitten drin
steckte.
Das Loch in das man dann stürzt, ist tief und blöderweise fehlt das nötige
Selbstbewusstsein, um sich schnellmöglich aufzurappeln. Die eigene Kreativität,
die mir jetzt manchmal hilft, glücklich und aktiv zu bleiben, wird durch
Zweifel gelähmt und man fällt in eine seltsame Starre. Man schafft wirklich
nichts mehr. Kann nur abwarten und hoffen, dass irgendwann doch das Telefon
klingelt. Damals habe ich mir immer wieder überlegen müssen ob ich den falschen
Beruf gewählt habe, eine wirklich tiefe und ehrliche Antwort habe ich mir
selber aber gar nicht geben wollen. Ich hatte wirklich Angst. Und konnte ihr
nicht entschlossen entgegentreten.
Im Laufe der Jahre ist nun einiges besser geworden, was ich vor allem langen
Gesprächen mit einigen älteren Kollegen und Freunden zu verdanken habe.
Ich habe von vielen Kollegen um die – und jenseits der – 60 Jahre zu hören
bekommen:
„ Du wirst das schon schaffen, bei Dir bin ich mir sicher.“ Und fast alle
appellierten immer wieder an mein Vertrauen in mich und den gerechten Lauf der
Dinge.
„Vertraue drauf, es kommt wieder was, meistens wenn Du gerade nicht damit
rechnest!“
Und irgendwann habe ich dass tatsächlich so in mich aufgenommen, dass es zu
einer Selbstverständlichkeit geworden ist.
Ich glaube jetzt sehr fest an den gerechten Lauf der Dinge, habe Vertrauen in
mich und mein Glück und weiß einfach, dass es immer weitergeht. Klar, damit das
funktioniert muss ich finanziell überlebensfähig bleiben, gesund sein und aktiv
am Leben teilnehmen. Starr und stumpf zuhause werden nur die wenigsten Jobs zu
Dir kommen.
Wenn ich also eine Phase ohne Arbeit habe, schicke ich täglich mindestens eine
Bewerbung, aktualisiere Material und werde auch immer mal wieder selber
kreativ.
Dank youtube und facebook kann man mit kleinen Filmchen schon mal den ein oder
anderen aus der Branche erfreuen und lernt dabei doch auch immer was hinzu.
Und tatsächlich hat es sich in meinem Fall bewahrheitet, es kommt wirklich
immer etwas, wenn man gar nicht damit rechnet. So habe ich dieses Jahr über 80%
meines Geldes mit Jobs verdient, von denen ich 5 Wochen vorher noch gar nichts
wusste.
So stand letzte Weihnachten für 2013 nur ein dreimonatiges Engagement fest, jetzt habe ich beinahe das ganze Jahr durchgehend zu tun. Das nun anstehende Engagement in Dresden habe ich erst vor vier Wochen angeboten bekommen. Das muss natürlich nicht immer so kommen, aber ich vertraue auf eine Kraft, die mich an die
richtigen Punkte im (Berufs-) Leben führt.
Ich bleibe aktiv und lerne beständig dazu. Selten habe ich mich so wohl als
Schauspieler gefühlt wie in den letzten 24 Monaten. Ich vertraue mir. Das ist
wichtig.
Man weiß nie, was kommt, aber warum soll man sich ausmalen, es käme etwas
Schlechtes oder gar nichts. Mir gibt es viel mehr Kraft darauf zu vertrauen, dass
spannende, neue Aufgaben warten. Ich gehe ihnen entgegen und verkrampfe nicht
in Angst.
Das ist auch etwas, was ich allen, die vielleicht noch nicht so viel Vertrauen
haben, raten kann:
Geht den Ängsten entgegen. Werdet aktiv und lobt Euch stets für schon erreichte
Ziele.
Zweifelt nicht so viel, es geht immer weiter. Seid nicht frustriert. Das ist
das schlimmste.
Klopft euch selber auf die Schulter und macht aktiv und lächelnd weiter.
Dann kommt aus dem schwarzen Nichts auf einmal die nächste Chance, das nächste
Engagement oder ein netter Werbespot der eure Schulden begleicht.
Und dann könnt ihr die goldene Seite der Medaille wieder einige Zeit voll und
ganz genießen.
Liebe Grüße
Oliver